„Und plötzlich waren sie unerwünscht“
Dienstag
19 Nov
2024
Im Projekt 46 wurde ein Stück Zwickauer Geschichte lebendig und es war ein Abend voller Emotionen und Nachdenklichkeit. Unter dem Titel „Und plötzlich waren sie unerwünscht – Aus Briefen jüdischer Zwickauer*innen“ las Marina Stroisch aus bewegenden Zeitzeug*innen-Dokumenten. Die Veranstaltung rückte das Schicksal jüdischer Menschen aus Zwickau während des Nationalsozialismus in den Fokus, Geschichten, die tief berührten und lange nachwirkten.
Die vorgelesenen Briefe ließen uns die Lebensrealitäten ehemaliger Nachbar*innen spüren. Es waren Stimmen von Menschen, die hier geboren wurden, hier lebten und Teil der Zwickauer Gemeinschaft waren, bis sie ab 1933 systematisch ausgegrenzt und verfolgt wurden. Manche von ihnen kämpften täglich ums Überleben, andere hatten durch harte Arbeit Wohlstand erreicht und waren sogar international erfolgreich. Doch weder ihre Verwurzelung noch ihre Errungenschaften bewahrten sie vor Diskriminierung, Enteignung und Vertreibung.
Marina Stroisch brachte die Worte dieser Menschen mit viel Feingefühl und Authentizität zum Klingen. Die Briefe erzählten von Angst, Verlust und Zerstörung, aber auch von Hoffnung und der Sehnsucht nach Gerechtigkeit. Eine zentrale Frage des Abends war, was aus den Überlebenden wurde. Konnten oder wollten sie jemals wieder Kontakt zu Zwickau aufnehmen? Die Antworten darauf waren vielfältig: Einige hatten mit der Stadt abgeschlossen, andere suchten trotz allem eine Verbindung zu ihrer früheren Heimat.
Die Veranstaltung war weit mehr als eine Geschichtsstunde. Sie war eine Erinnerung daran, wie wichtig es ist, die Stimmen marginalisierter Menschen hörbar zu machen. Sie zeigte, dass die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit keine Option, sondern eine Verpflichtung ist – für eine Zukunft, die ohne Ausgrenzung auskommt.
Veranstalter: Alter Gasometer e.V. und Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit